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„Malmkrog“ von Cristi Puiu (Encounters)

Die neue Berlinale-Sektion Encounters soll sich laut des künstlerischen Leiters des Festivals, Carlo Chatrian, „neuen, experimentelleren Formen des Kinos“ widmen. Ihr Eröffnungsfilm „Malmkrog“, ein dreieinhalbstündiger Koloss der Rede- und Sinnes-Erschöpfung, ist dafür ein erstes Versprechen.

Wenn die Grenzen der Sprache die Grenzen der Welt sind, müsste Malmkrog des Regisseurs Cristi Puiu eigentlich ein weiter, nach vielen Seiten offener Film sein. In einem Landhaus, Rumänien 1900, treffen sich über die Weihnachtstage Adelige, ein Politiker, ein General zum Get-together. Sie reden, sie diskutieren, sie zerstreiten sich, mal unumwunden verletzend, mal ausdauernd mikroagressiv, und versöhnen sich wieder, um weiterdiskutieren zu können. Als Setting und Erzählbewegung kennt man das bereits ähnlich aus Puius wunderbarem Sieranevada. Vielleicht ist Malmkrog zunächst aber erst mal auch nur das: ein Setting und eine Erzählbewegung. Das Skelett eines Films, der spricht. 

Tauche ich in die Gespräche ein, Diskussionen über me and the devil, viel Eschatologie, das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg, über dessen genauen Wortlaut so lange debattiert wird, bis der Bibeltext zuletzt, Exegese im Rückwärtsgang, vom Hausherrn in voller Länge vorgelesen wird, verengt sich der Film eher. Abblenden und Kapiteltafeln unterbrechen den Redestrom nur für wenige Sekunden: ein kurzes Aussetzen des Bildes, ein Hauch von frischer Luft für die, die zuschauen und zuhören. Für die, die sprechen, gibt es diese Unterbrechungen nicht. Bricht jemand ohnmächtig zusammen, sitzt er in der nächsten Einstellung wieder in der Runde. Das Hermetische und Ausweglose betont Puiu manchmal auch zu deutlich: Selbst ein Schusswechsel, selbst fallende Körper, selbst der Tod ändern nichts.  

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Die Grenzen meiner Aufmerksamkeit, auch zunehmend Geduld, sind jedoch nicht unbedingt die Grenzen des Films. Kaum befreie ich mich vom Hören und Lesen des Wortflusses, fixiert sich der Blick nicht mehr mechanisch und zunehmend ermüdet auf die entgleitenden Untertitel, öffnet sich ein Film, der sich bis dahin verschloss: Sind die Blicke der Schweigenden, die Gesten der Verletzten und durch rhetorisches Dauerfeuer Aufgelösten, die Kamerabewegungen auf den Alkohol (ein zweiter, lautloser Strom, der sich durch „Malmkrog“ schlängelt), die Ränder des Bildes, an denen nicht gesprochen, sondern bestenfalls gemurmelt wird, etwas, das sinnlich nur beiläufig aufgenommen werden will?

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Ein radikaler Umgang mit im Film vergehender Zeit: 200 Minuten sind für das, was Malmkrog erzählen, diskutieren lassen will, in den anfangs ausladenden Kapiteln viel zu viel. Für das, was er zeigen, empfinden lassen will, sind sie zum Ende, als die Kapitel immer knapper und rhapsodischer werden, eigentlich zu kurz. Ein radikaler Eröffnungsfilm für eine neue Sektion – sind Encounters Begegnungen oder Zusammenstöße? Blickt man auf das kommende Programm der Sektion, die Auswahl der Regisseure und (vermuteten, erträumten, verdächtigten) Formen, ist Malmkrog ein erstes Versprechen auf beides. 

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